Heute habe ich das nächste Interview der kleinen Blogreihe „Die Bechterew-Bande – laufende Leidensgenossen“. Als Interviewpartner konnte ich dem ein oder anderen schon vielleicht bekannten Damian Zmudzinski gewinnen. Damian ist sicherlich der schnellste Läufer mit Morbus Bechterew und wird sicherlich nicht nur deshalb vom Team HI-TEC Infinity, TIMEX und Wobenzym gesponsert, aber das soll er euch selbst erzählen…
Stell dich mal kurz vor.
Infos allgemein: 37 Jahre alt, seit 2002 in Rottach-Egern, geboren in Polen, Magister – Abschluss in Tourismusmanagement, derzeit Koch, Diagnose MB – 2003.
Ich laufe seit ich 14 bin, habe aber 2006 das Laufen neu erlernen müssen… Ausdauersport wirkt sich positiv auf Rheumaerkrankungen aus.
Mein Motto: Der Weg ist das Ziel – Erlebnis statt Ergebnis. Ich bin den The Comrades-Marathon 2008 gelaufen: 89 km durch Südafrika.- größten Ultramarathon weltweit zwischen Durban und Pietermaritzburg, Otter-Trail Africa Run 42 km / 3500 hm in 6 Stunden. Ich bin mit Kinderwagen 10 km unter 40 Minuten gelaufen. Ich bin aber auch die 10 km in 55 Minuten gelaufen, schneller war einfach an dem Tag nicht möglich.
Wann und wie begann deine Leidensgeschichte?
Es fing bei mir mit leichten Rückenschmerzen im Lendenwirbelsäule-Bereich an. (Es war nach dem Berlin Marathon 1995) Ich habe mir zunächst nichts dabei gedacht, weil die Schmerzen wieder nachließen, aber sie kamen in immer kürzeren Abständen und wurden stärker. Sie fingen an, bis in die Oberschenkel und Hüftgelenke auszustrahlen, was das Gehen sowie körperliche Anstrengungen immer schwieriger machte. Sportliche Aktivitäten wurden wegen der Schmerzen nicht möglich.
Wie lange dauerte es bis die Diagnose Morbus Bechterew stand?
Vom ersten Arztbesuch bis zur Diagnose vergingen ca. 8 Jahre. Der erste
Arzt diagnostizierte eine Sportverletzung. Dann war der zweite Arzt und der nächste. Die Schmerzen waren immer schlimmer. Bei jedem Arzt dieselbe Prozedur. Erst dann in Klinik in Oberammergau wurde eine rheumatologische Erkrankung diagnostizier und mir ein Rheumatologe in München empfohlen.
In Oberammergau wurde der Bluttest (HLA B-27) positiv diagnostiziert, es deutet auf eine rheumatologische Erkrankung. In München habe ich in eine Studie mit einem TNF – alfa – Blocker teilgenommen. Es war die wende.
Typische Anzeichen des Morbus Bechterew
– Tief sitzende Rückenschmerzen seit mind. 3 Monnaten
– Einschenkung der körperlichen Funktionsfähigkeit
– Müdigkeit (Fatigue)
– Erwachen in der 2 Nachthälfte oder frühmorgens auf Grund von Schmerzen. Die Schmerzen und Steifigkeit sind dann am schlimmsten
– Wechselender Schmerz im Gesäß, der an der Oberschenkelrückseite bis in die Kniekehle ausstrahlt
– Versteifung der Wirbelsäule
– Bewegungseinschränkungen im Lendenwirbelsäule
– Augenentzündung
Die Krankheit verläuft immer wieder in Schüben.
Wie schränkt dich deine Krankheit im Alltag ein?
Wie bist du zum Laufen gekommen und was bedeutet es für dich?
Leiden und Leidenschaft, man muss immer ein Gegenteil suchen. Jeden Tag das gleiche Frage: Wer ist stärker? Ich oder Morbus Bechterew. Kopf oder Körper. Es gibt viele Wege, wie man als mündiger Patient seine Leben aktiv weiter
leben und gestalten könnte. Zu leben bedeutet
ja für viele, Träume zu haben. Ich lebe einen Traum! Ich habe nun Glück,
dass durch die moderne Medizin, und dank vielen Leute kann ich meinen Sport
auf diesem Niveau ausüben zu können!!! Viele andere Rheuma Patienten leben
nur mit Depression. Es geht um Ablenkung. Man muss raus aus den System, vielleicht das Laufen ist nicht das perfekte Sport bei MB aber für mich ist es Lebensqualität. Man darf nicht übertreiben. Erst ist man dann schnell müde, zweitens die Gelenke gehen kaputt. Man muss die Maße haben. Ich darf nicht vergessen dass ich chronisch Krank bin und noch meine Familie habe.
Ich bin aber der Meinung, das bei Schmerzen besser würde Schmerzmittel nehmen und sich ein bisschen bewegen als nichts machen. Das Sofa ist auch nicht die perfekte Lösung.
Betreibst du weitere Sportarten, wenn ja, welche und warum?
Ich habe ein Spinning – Fahrrad im Keller, ich liebe Sauna, Aquajogging.
Nimmst du Medikamente und falls ja, welche und warum?
Ich habe bis 2004 alles ausprobiert oder besser gesagt die Ärzte haben mich fertig damit gemacht. Ich war fast tot. Immer Überdosierung! Dann erst 2003 Remikade genommen, seit 2004 Humira. jede 12 Tage, und Ibuprofen 800 wenn ich es brauche, ab und zu Schmerzmittel spritze ich in Gelenke.
Wie stehst du zum Thema Laufen unter Schmerzmittel?
Meiner Meinung nach man muss in Bewegung bleiben, manchmal ist es besser mit Schmerzmittel sich bewegen als auf die Sofft zu sitzen. Ich laufe aber keinen Wettkampf mit Schmerzmittel!!! Das ist blöd. Man bringt sich selbst um. Nach dem Wettkampf oder wehren nehme ich Enzyme. Darum mache ich auch keinen Lauf durch die Alpen oder um den Mt. Blank. So eine Belastung werde mir nicht gut tun!!!
Welche Rolle spielt Gymnastik, Stabitraining und Dehnen in deinem Alltag?
Meinen Körper verträgt keine Gymnastik! Aber ich probiere immer wieder! Ich liebe dehnen.
Aber das Beste ist Massage! Wenn ich mit Auto fahre muss ich jede Stunde dehnen. Oft ist es so: wenn ich fahre zum Wettkamp z.B. nach Österreich, kann ich dann nach 2 Stunden nicht aus dem Auto aussteigen.
Was ist dein Ansporn an schlechten Tagen?
Wenn ist es schlecht gehe ich in die Sauna, nehme ich Massagen. Ich denke an die die haben es schwerer!
Auf welchen Rückhalt baust du?
Meine Krankheit begleitet mich seit 1995, d.h. viele Therapie,
Krankenhausaufenthalt (München, Agatheried, Oberammergau), Frust, Schmerzen wenn die Gelenke mal wieder unbeweglich sind, aber auch Lebenslust und viele positive Erfahrungen.
Ich habe schon fast alles durchgemacht und immer kommt was Neues. Ich versuche immer gerne neue Sachen, wenn es funktioniert, behalte es wenn nicht, schmeiße ich es weg. Ich lebe meine Leben.
Ich danke dir herzlich für das Interview, deine Erfolge sind unglaublich, aber ich wünsche dir weiterhin solchen Erfolg bei deinen Vorhaben.
Sport frei!
Thomas